Chaetopelma anatolicum SCHMIDT, SMITH, 1995

Günter Schmidt & Andrew Smith

Chaetopelma anatolicum sp. n.,
(Araneida: Theraphosidae: Ischnocolinae),
eine Vogelspinne aus der Türkei

Abstract:

Chaetopelma anatolicum is the first known theraphosid spider from Turkey. It differs from all other species of this genus by its apically divided receptacles and by a comb on the tibial spur containing 17 longer spines in one row.

Key words:

Ischnocolinae, Chaetopelma, Turkey.

Einleitung:

Die Gattung Chaetopelma ist mit 8 Arten vor allem im Mittleren Osten verbreitet. Bisherige Fundorte liegen in Zypern, Israel, Syrien, Libanon, Iran, Saudi Arabien, Jemen, Südjemen, Ägypten, Sudan, Kamerun und auf den Seychellen. Der neue Fundort ist der nördlichste der Gattung.

Chaetopelma anatolicum sp. n.


Material:

1 Männchen (ohne Opisthosoma) (Holotyp), leg. I. SKLIBA 1993, Anatolien, Mittelmeerküste, 1 km vom Strand entfernt, ded. A. TINTER 1994, 2 Weibchen (Exuvien), leg. I. SKLIBA 1993 ebendort, ded. M. BULLMER und M. LUTZ.

Diagnose:

Männchen mit Kamm aus 17 längeren Dornen in einer Reihe an ventraler Tibia-Apophyse, zwischen 1. und 2. sowie 3. und 4. Dorn je ein kürzerer etwas versetzter Dorn. Etwas unterhalb des Kamms ein davon getrennter einzelner Dorn. Weibchen mit geweihartiger Spermathek, deren Receptacula seminis distal gegabelt sind.

Derivatio nominis:

Die Art wird nach dem Fundort benannt.

Beschreibung:


Männchen:


Carapax 14 x max. 12 mm. Chelizerengrundglied 5 x 1,75 mm. Sternum 6 x max. 4 mm mit 3 Paar Sigillen (s. Abb. 9). Labium apikal mit etwa 30 weit auseinanderstehenden Dörnchenhöckern. Chelizerenzähne: etwa 10. Fovea klein, recurv. 1. Augenreihe schwach procurv, zweite schwach recurv (Abb. 3). Clypeus schmal. VMA, VSA, HMA 0,3 mm, HSA 0,4 mm. Augenstellung s. Abb. Tibia-Apophysen s. Abb. 7 und 8, Bulbus und Embolus s. Abb. 2 und 5. Embolus 4 mm lang.

Gliedmaßen in mm:

Tabelle 1

Scopula:

Alle Tarsen voll, Metatarsus I, II voll, Metatarsus III 1/2, Metatarsus IV im apikalen 1/4 scopuliert. Tarsalscopula I, II ungeteilt, III, IV durch breites Borstenband geteilt. Bestachelung: Taster: Ti pl 2-1-1, Bein I: Ti v a 1, rl 1-2-1, Bein II: Ti pl a 1, v 1-1-2, rl 1, Met rl 1-1, Bein III: Ti pl 1-1, v 1, rl 1-1. Met pl 1-1-1, v 2-2-2, rl 1-1, Bein IV: s. Abb. 4. Tarsalklauen unbezahnt. Färbung: blaßhellbraun ohne Zeichnung

Weibchen (größeres Tier):


Carapax 18 x max. 15 mm. Chelizerengrundglied 10 x 3 mm. Sternum 7 x max. 6 mm, mit 3 Paar Sigillen. 1. und 2. Paar fast randständig. 3. Paar um seinen Längsdurchmesser von Sternumrand entfernt. Labium breiter als lang, apikal mit 13 Dörnchenhöckern. Chelizerenzähne: 14, deren 6. sehr klein ist. Fovea sehr klein, durch gelbbraune Haare fast völlig verdeckt, schwach recurv, beim 2. Tier transversal. Augenhügel niedrig. 1. Augenreihe schwach procurv, zweite schwach recurv. Clypeus 0,7 mm. VMA 0,36, VSA 0,46, HMA 0,39, HSA 0,46 mm. VMA weiter von einander als von den VSA entfernt. Augenstellung wie beim Männchen.

Gliedmaßen in mm:

Tabelle 2

Scopula wie beim Männchen, nur Metatarsus IV zu 1/3 scopuliert. Bestachelung: Taster: Ti rl a 1. Bein II: Ti v a 1, Bein III: Ti pl 2, v 1-1-1, rl 2, Met pl 1, v 1-1-1-1, rl 1-1-1, Bein IV: Ti pl 1, v 1-1-1-1, rl 1-1, Met pl 1-1, v 1-1-2, rl 1-1-1-1. Spinnwarzen 5,3 mm lang, sehr dünn. Färbung wie Männchen.
Spermathek s. Diagnose (Abb. 1).

Verbreitung der Art:

Anatolien (Türkei), Zypern

Diskussion:

Die neue Art weist im Gegensatz zu anderen Spezies der Gattung teilweise eine recurve Fovea auf. Auch sind die HSA eindeutig größer als die HMA. Beim Weibchen sind die VSA deutlich größer als die VMA. Der Kamm auf der Tibia-Apophyse scheint stärker bedornt zu sein als bei anderen Arten. Nach der Form der Spermathek bestehen die meisten Beziehungen zu C. olivaceum (C.L. KOCH, 1842). Jedoch ist bisher keine Art mit gegabelten Receptakeln bekannt gewesen.

Am 19.11.94 teilte Herr P. Vollmer, Krefeld, dem Erstautor mit, daß er diese Art, die er für identisch mit Ch. aegypticum hält, auch in Aya Napa/Zypern gefunden hat. Die Form der Spermathek entspricht völlig der türkischer Exemplare, wie sein Farbfoto beweist.

Zusammenfassung:

Chaetopelma anatolicum hat im männlichen Geschlecht auf der längeren Tibia-Apophyse einen Kamm aus 17 Dornen und im weiblichen Geschlecht eine Spermathek mit gegabelten Receptacula seminis.

Danksagung:

Wir danken den Herren TINTER, BULLMER und LUTZ für das Material. Herr RUDZINSKI fertigte die Zeichnung der Spermathek an.

Literatur:

Schmidt, G. (1993): Vogelspinnen,4. Auflage, Landbuch, Hannover, 151 pp.
Smith, A. (1990): Tarantulas of Africa and the Middle East, Fitzgerald. London, 142 pp.

Autoren:

Dr. Günter Schmidt, Von-Kleist-Weg 4, D-21407 Deutsch Evern
Andrew Smith, 89 Ermine Road, Ladywell, Lewisham, London SE13 7JJ

Quelle: Arachnologisches Magazin 7/1995



Tabellen


Tabelle 1:
  Femur Patella Tibia Metatarsus Tarsus Gesamtlänge
Taster 8 4 7 - 1,5 20,5
Bein I 12 7 10 10 6 45
Bein II 12 6 9 9 6 42
Bein III 10 5 8 10 6 39
Bein IV 13 6 10 13 6 48

Tabelle 2:

  Femur Patella Tibia Metatarsus Tarsus Gesamtlänge
Taster 10 6 7 - 6 29
Bein I 14 9 11 9 5 48
Bein II 12 7 9 9 6 43
Bein III 10 6 8 9 6 39
Bein IV 14 7 12 13 6 52