Chilobrachys huahini SCHMIDT, HUBER, 1996
Günter SCHMIDT & Siegfried HUBER
Chilobrachys huahini sp. n.
(Araneida: Theraphosidae: Selenocosmiinae),
eine Vogelspinne aus Thailand
Abstract:
Chilobrachys huahini sp. n. from Thailand can be identified by its size and by a spermatheca of "C. luteolus"-type. Maxillary lyra with 3 rows of paddle setae, fourth leg shorter than first.
Key words:
Selenocosmiinae, Chilobrachys, Thailand.
Einleitung:
Am 25.11.1993 fing HUBER ein junges Chilobrachysweibchen im Süden Thailands, das sich am 31.1., 5.6., 21.8.1994 und am 12.7.1995 häutete. Die Exuvie der letzten Häutung erhielt SCHMIDT am 15.7.1995. Da das Tier keiner der bisher bekannten Arten zugeordnet werden konnte, wird es hier als neue Art beschrieben.
Bisher war aus Thailand nur C. paviei (SIMON, 1886) veröffentlicht worden, eine Species, die in der Provinz Vatana vorkommt und bei der die Hinterseitenaugen viel größer sind als die Hintermittelaugen, was für die vorliegende Art nicht zutrifft. Auch ist C. paviei insgesamt viel kleiner und hat wesentlich kürzere Beine (I 53,2, IV 54 mm).
Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß die neue Art unter der Händlerbezeichnung C. andersoni (früher sogar als Ornithoctonus andersoni) neben anderen Arten schon seit Jahren in Deutschland im Handel ist. Denn unter diesem Namen verbergen sich, wie SCHMIDT (1993) zeigen konnte, verschiedene Arten aus dem Raum Burma, Thailand und Malaysia, die sich u.a. auch durch ihre Spermatheken unterscheiden. So gelangt z.B. am häufigsten eine Art zu uns, deren Spermathek dem "C. ater"-Typ sensu SCHMIDT (1993) entspricht.
SCHWENDINGER (1988) erwähnte eine Chilobrachys-Art aus der Provinz Chiang Mai, die im Norden Thailands liegt. Die Art wurde jedoch bisher noch nicht publiziert. SCHMIDT (1993) wies darauf hin, daß sich die Spermatheken von Chilobrachysweibchen aus Malaysia von denen aus Burma und Thailand unterscheiden und bezeichnete provisorisch als "C. luteolus" diejenigen Tiere, bei denen der Winkel, der von den Innenseiten der Receptacula seminis gebildet wird, relativ spitz ist. Einen solchen Typ trifft man bei Spinnen an, die aus Thailand importiert werden. Beschreibungen wurden jedoch bisher nicht vorgenommen, da die genaue Herkunft dieser Tiere nicht feststand.
Die Gattung Chilobrachys umfaßt 22 publizierte Arten, von denen C. samarae GILTAY, 1935 von den Philippinen der Gattung Chilocosmia SCHMIDT & VON WIRTH, 1992 zugeordnet wurde. Die übrigen Species leben in Indien, Sri Lanka, Ostpakistan, Burma, Thailand, Malaysia, Vietnam und China.
Kennzeichnend ist das Stridulationsorgan prolateral auf den Tastercoxen aus bis zu 3 Reihen paddel- oder klöppelförmiger, ungleich großer Stäbchen, von denen die der untersten Reihe am größten sind und das Fehlen einer 3. Tarsalklaue. Die Tarsalklauen selbst sind bezahnt oder unbezahnt. Für die letzteren hatte POCOCK die Gattung Musagetes ursprünglich aufgestellt, später aber wieder eingezogen.
Chilobrachys huahini sp. n.
Material:
1 Weibchen (Holotyp), leg. S. HUBER 25.11.93 südlich von Hua Hin (Süd-Thailand) zwischen Schindeln aus verholzten Palmblattstielen in einer Stammhöhe von ca. 1 1/2 m. Das Tier wird nach seinem Tode im Senckenbergmuseum, Frankfurt/Main deponiert werden. Die Beschreibung wird nach der Exuvie vom 12.7.95 angefertigt.
Derivatio nominis:
Die Art wird nach dem Fundort benannt.
Diagnose:
Große dunkelbraune Art mit Spermathek vom "C. luteolus"-Typ und einem Stridulationsfeld aus 3 Reihen von paddelförmigen Borsten auf den Tastercoxen.
Beschreibung:
Weibchen:
Carapax 23 x 19,5 mm, Chelizerengrundglied 14 x 5 mm, Chelizerenklaue 9 mm, Sternum 10 x max. 9 mm, 1 Paar kleine Sigillen in Höhe von Beincoxa II, 1 Paar langgestreckte in Höhe von Coxa III, 1,65 mm lang, 1 mm vom Sternumrand entfernt. Labium 2 x 4 mm, im apikalen Drittel dicht mit niedrigen Dörnchenhöckern besetzt. Fovea stark procurv, 4,5 mm breit, breiter als der Augenhügel. Clypeus etwa dem Durchmesser eines VMA entsprechend. Vorderaugenreihe procurv, Hinteraugenreihe recurv.
Augenmaße und -abstände (in mm):
VMA 0,72, VMA-VMA 0,39, VSA 0,76, VMA-VSA 0,33, HMA umgekehrt birnenförmig, Längsdurchmesser 0,66, VMA-HMA 0,13, HSA 0,69, HMA-HSA 0,10, VSA-HSA 0,33, HMA-HMA 1,33.
Chelizerenbezahnung:
vom Grundglied an gerechnet 3 große, gefolgt von einer Lücke, anschließend 10-11 kleinere Zähne.
Beinformel:
I, IV, II, III.
Gliedmaßen in mm:
Tabelle 1
Palpentarsus voll scopuliert. Scopula der Tarsen I-IV und der Metatarsen I-III voll, Metatarsus IV zu 3/4 in der Mitte, an den Seiten weniger scopuliert. Scopula an Metatarsus und Tarsus IV geteilt.
Bestachelung: Metatarsus III v a 1 (sehr kurz), Metatarsus IV v a 4 (sehr kurz, leicht abbrechend). Haare an den Beinen und auf dem Opisthosoma blaßrötlich. Stridulationsborsten auf den Chelizeren rl basal: 1 Reihe aus 7 großen Borsten, auf Höhe der 4. Borste beginnt eine 2. Reihe aus 8 kleineren Borsten. Die 3.-10. Reihe besteht aus immer kleiner werdenden Dörnchen. Das Stridulationsfeld auf der Palpencoxa pl ist länglich, schräg gestellt und nimmt fast die gesamte Länge des Segments ein (4,62 mm lang). Es besteht aus 3 Reihen paddelförmiger Borsten, deren unterste am größten sind. Die Borsten der 2. Reihe stehen zwischen denen der 1. Reihe auf Lücke. Spinnwarzen: Basalglied 5 mm, Mittelglied 4 mm, Apikalglied 6 mm lang. Opisthosoma langgezogen, deutlich länger als breit.
Männchen unbekannt.
Diskussion:
Die neue Art gehört zusammen mit C. andersoni (POCOCK, 1895) und C. fimbriatus POCOCK, 1899 zu den großen der Gattung. Sie unterscheidet sich von C. andersoni dadurch, daß Bein I länger als IV ist und durch blaßrötliche Behaarung (bei C. andersoni: gelbbraun). Tibia + Patella IV sind bei der neuen Art länger als Carapax, bei C. andersoni kürzer. C. huahini läßt sich auch nicht in die Bestimmungstabelle von POCOCK (1900) einordnen, da der Autor nur C. bicolor (POCOCK, 1895) aus Burma und C. fimbriatus POCOCK, 1899 aus Indien als Arten nennt, bei denen Bein I länger als Bein IV ist. Eine weitere Art mit der Beinformel der neuen Art ist C. dyscolus (SIMON, 1886) aus Vietnam. Alle diese Arten haben aber eine weitaus geringere Körpergröße, kürzere Beine und unterscheiden sich auch sonst wesentlich von der neuen Art. Solange nicht die Spermathek und Stridulationsorgane der meisten Angehörigen dieser Gattung bekannt sind, lassen sich die Beziehungen der neuen Species nicht klären.
Zusammenfassung:
Chilobrachys huahini sp. n. ist durch eine Spermathek vom "C. luteolus"-Typ und ein Stridulationsfeld aus 3 Reihen paddelförmiger Borsten auf der Tastercoxa sowie durch seine Körpergröße und Beinformel gekennzeichnet.
Literatur:
POCOCK, R. (1990): The fauna of British India (Arachnida), p. 153-279.
SCHMIDT, G. (1993): Konfusion um Chilobrachys andersoni (POCOCK 1895).- Arachnol. Anz. 4 (6): 6-9.
SCHMIDT, G. (1993): Vogelspinnen, 4. Auflage, Landbuch Verlag, Hannover, 151 pp.
SCHMIDT, G. & V. von WIRTH (1992): Beschreibung des Weibchens von Chilocosmia dichromata gen. n. sp. n. und des Männchens von Chilocosmia arndsti.- Arachnol. Anz. 3 (11): 9-16.
SCHWENDLINGER, P. (1988): Biological observations on orthognathous spiders in northern Thailand (Araneae: Mesothelae: Mygalomorphae).- XI. Europäisches Arachnologisches Colloquium Berlin-TBU-Dokumentation Kongresse und Tagungen H. 38: 231-237.
SIMON, E. (1904): Arachnides recueillis par M.A. Paviei en Indo-Chine. III (Paris): 270-295.
Autoren:
Dr. Günter SCHMIDT, Von-Kleist-Weg 4, D-21407 Deutsch Evern
Siegfried HUBER, Mühlenstraße 8, D-88690 Oberuhldingen
Quelle: Arachnologisches Magazin 1/1996
Tabellen
Tabelle 1:
|
Femur |
Patella |
Tibia |
Metatarsus |
Tarsus |
Gesamtlänge |
Taster |
13,5 |
8 |
10 |
- |
9,5 |
41 |
Bein I |
20 |
11 |
18 |
14 |
8 |
71 |
Bein II |
18 |
10 |
13 |
11 |
8 |
60 |
Bein III |
14 |
9 |
11 |
12 |
8 |
54 |
Bein IV |
20 |
10 |
15 |
16 |
9 |
70 |